Obwohl das Fernsehen chemisch gesehen keine invasive Wirkung hat, macht es genauso abhängig und wirkt physiologisch genauso schädigend wie Drogen.
Es ermöglicht, die reale Welt auszublenden und in einen angenehmen, mental passiven Trance-Zustand zu gleiten. In diesem Zustand werden die vom Fernseher vermittelten Informationen nicht mehr distanziert und kritisch wahrgenommen, sondern quasi unverdaut geschluckt.
Schon in den 60er Jahren ermittelte der amerikanische Werbeforscher Herbert Krugman, dass sich die Gehirnaktivität beim Fernsehschauen bereits innerhalb von 30 Sekunden aus dem Bereich bewusster Aufmerksamkeit und Wachheit in einen unfokussierten, aber hoch rezeptiven Zustand des Tagträumens begibt. Die linke Gehirnhemisphäre bleibt dabei weitgehend inaktiv, die empfangenen Informationen werden nicht mehr logisch und analytisch, sondern rein emotional und unreflektiert über die rechte Gehirnhälfte aufgenommen. Während die Rezeption eines Textes die analytischen Fähigkeiten des Geistes voraussetzt und aktiviert — um einer Gedankenlinie zu folgen, muss der Leser die Fähigkeit des Klassifizierens, Schlussfolgerns und Argumentierens einsetzen und kann so eher Unwahrheiten und zu starke Verallgemeinerungen erkennen – vermittelt das Fernsehen mühelos riesige Mengen an Informationen, die unreflektiert aufgenommen werden.
Beste Voraussetzungen also für Manipulation und Gehirnwäsche. Uniformität, Kontrollierbarkeit und Wiederholbarkeit seiner Inhalte machen das Fernsehen zu einem ausgezeichneten Hilfsmittel für Bewusstseins– und Verhaltenskontrolle. Präsentiert wird eine synthetische, oftmals destruktive Version der Realität, die weit überproportional um Sex, Überleben, Macht, Geld, Drogen und Gewalt kreist. Mit ewiger Wiederholung werden so Gier, Neid, Existenzangst und die Unfähigkeit zu friedvoller Lösung von Konflikten gefördert. Bei Kindern und Jugendlichen führt erhöhter Fernsehkonsum nachweislich zu gesteigerter Aggressivität, verringerten Aufmerksamkeitsspannen, mangelnder körperlicher Vitalität und Schlafstörungen. Die Gewaltdarstellung in den Medien blendet in der Regel die Konsequenzen einer realen Gewalttat, für Opfer wie Täter, aus. Gewaltausübung wird zur coolen Demonstration der eigenen Macht.
Bewussteres Fernsehen hingegen schont auch die Haushaltskasse: Aufschlussreich ist das Beispiel einer Bekannten, die nach langem, aktenreichen Arbeitstag als Juristin enthusiastisch einen Heimtrainer im Teleshopping bestellt. Als nach zwei Wochen ein freundlicher Paketbote den Trainer in den Flur wuchtet, wundert sie sich sehr – denn sie hatte den Kauf schon komplett vergessen …
Bereits 1983 warnte Ben Bagdikian in seinem Buch “The Media Monopoly” vor einer zu stark wachsenden Kontrolle einzelner Medien-Konzerne. Dabei waren es 1983 noch 50 Unternehmen, die in den USA rund 95% der Medien besaßen – in 2001 schon nur noch sechs. Sechs Firmen mit vollständiger Kontrolle über den wesentlichen Teil der verfügbaren Informationsquellen Radio, Fernsehen und Presse. In Europa vollziehen sich analoge Konzentrationsprozesse in den Medien, nicht selten mit Beteiligung der wesentlichen amerikanischen Player. Anlass genug, sich genau anzuschauen, welche Information und Unterhaltung von wem zu welchem Zweck in die gute Stube gestrahlt wird.
Bewusstes Fernsehen ist gesünder
- Kaufen Sie sich eine informative Programmzeitschrift. Schalten Sie den Fernseher nur ein, wenn Sie konkret eine Sendung sehen möchten, nicht automatisch, zur Ablenkung oder aus Gewohnheit.
- Setzen Sie sich ein Zeitbudget.
- Vermeiden Sie Zapping.
Artikel von Julia Kant, zuerst erschienen im EnvedaMagazin