Im Zusammenhang mit den heutigen Ernährungsrichtlinien besteht ein zunehmender Trend pflanzenbasierte Kost als die ultimative Ernährungsform für den Menschen zu deklarieren. Pflanzen tragen automatisch den Stempel gesunder Lebensmittel und es scheint, als könne man mit ihnen nichts falsch machen. Dabei werden einige grundsätzliche Charakteristika der Pflanzenwelt und ihrer Überlebensmechanismen, die sich auf den menschlichen Organismus problematisch auswirken können, gerne übersehen. Ich werde in diesem Newsletter einen dieser Aspekte beleuchten, aber sicher in Zukunft auf die Thematik zurückkommen, da sie im Moment mehr und mehr an Relevanz gewinnt und auch in meinen Beratungssitzungen öfter zur Sprache kommt. Nicht wenige Menschen haben mit Symptomen zu kämpfen, die durch eine vermeintlich gesunde Ernährung mitverursacht oder zumindest nicht verbessert werden.
Grundsätzlich lässt sich sagen, das Pflanzen, genau wie alle anderen Lebewesen an ihrem eigenen Überleben interessiert sind. Da Pflanzen vor Fraßfeinden, seien es nun Insekten oder größere Tiere, nicht weglaufen können, verteidigen sich u.a. mit Hilfe von chemischen Komponenten, die diese kurzfristig oder langfristig außer Gefecht setzen sollen. Manche Stoffe, die auch für den Menschen in höheren Mengen problematische Auswirkungen haben können, sind einfach Produkte ihres pflanzlichen Stoffwechsels oder strukturellen Aufbaus. Beide Gruppen werden hinsichtlich unserer Ernährung unter dem Begriff anti-nutritive Substanzen oder auch einfach Antinährstoffe zusammengefasst. Zu ihnen gehören Lektine, Oxalate, Phytate, Goitrogene, Gluten und viele weitere. In diesem Beitrag soll es um die Oxalate gehen, denn ihnen wird erst seit geraumer Zeit und nicht im ausreichenden Maße Aufmerksamkeit geschenkt.
Was sind Oxalate?
Als Oxalate werden die Salze der Oxalsäure bezeichnet, einer einfachen chemischen Verbindung auf Basis zweier Kohlenstoffatome. Bei der Oxalsäure handelt es sich um eine sehr starke organische Säure, die wie ein Magnet auf Mineralien wirkt. Wenn sie sich mit Natrium oder Kalium verbindet, entstehen wasserlösliche Salze (Oxalate). Eine besonders starke Affinität besteht zum Kalzium, mit dem die Oxalsäure ein nicht wasserlösliches Salz bildet.
Kalziumoxalat ist jene Substanz, die als Übeltäter im Körper zu diversen Problemen führen kann. Es sei erwähnt, dass der Körper im Zuge seines Stoffwechsels Oxalate in bestimmten Mengen selbst produziert und es aufgrund von genetischen Defekten auch zu endogenen Problemen mit Oxalaten kommen kann.
Oxalate, bzw. Oxalsäuren finden sich mehr oder weniger in allen Pflanzen. Besonders hohe Mengen weisen Spinat, Rhabarber, Sauerampfer, Rote Bete, Mangold, Kakao und Mandeln auf. Auch Buchweizen, Amaranth, Süßkartoffeln, Kartoffeln mit Schale und einige Beerenarten enthalten signifikante Mengen an Oxalaten.
In einer hauptsächlich pflanzenbasierten Ernährung kommen diese Lebensmittel in größerem Umfang vor und können daher auch schneller zu einer Anreicherung von Oxalaten im Körper führen. Aber auch in anderen Ernährungsformen, wie der ketogenen Ernährung werden einige Pflanzen aus dieser Kategorie aufgrund ihres niedrigen glykämischen Indexes gerne empfohlen und viel konsumiert.
Im Gegensatz zu Lektinen lassen sich Oxalate bzw. Oxalsäuren durch langes Kochen und Einweichen nicht signifikant reduzieren. Eine gesunde Darmflora verfügt über eine gewisse Kapazität Oxalate abzubauen. Bei einigen Menschen findet der Abbau allerdings kaum statt und vor allem bei Darmschädigungen wie Leaky Gut (erhöhte Darmpermeablitität) und Dysbiosen wird ein größerer Teil der Oxalate über den Darm absorbiert.
Die Wirkung der Oxalate im Körper
Diese gelangen dann in den Blutkreislauf und verbinden sich z.B. mit Kalzium zu scharfkantigen Kristallen. Diese Kristalle können sich u.a. in der Niere sammeln und Nierensteine bilden. Sie lagern sich aber auch in anderen Strukturen des Körpers wie den Augen, Muskeln, Gelenken, Drüsen und dem Gehirn ab, wo sie mechanischen Schaden verursachen sowie entzündliche Reaktionen hervorrufen können. Daher sind die durch Oxalate hervorgerufenen körperlichen Symptome vielfältig und können von Gelenksentzündungen, undefinierbaren Schmerzen in den Geweben, Schilddrüsenproblemen bis zum sogenannten Brainfog („Gehirnnebel“) reichen.
Wenn sie als Nanokristalle in die Zellen geraten, stören sie deren Biochemie, in dem sie die für die Glukolyse (Abbau von Kohlehydraten) notwendigen Enzyme hemmen. Darüber hinaus greifen sie die Integrität der Zellmembran an, was zum Einströmen extrazellulärer Flüssigkeit führt. Selbst der Zellkern und das darin enthaltene Erbgut können durch die Nanokristalle beschädigt werden, was Mutationen zur Folge hat.
Oxalat-Detox
Da es nicht möglich ist Oxalate zu verstoffwechseln, muss der Körper sie loswerden. Dieser Prozess setzt nach Meinung einiger Forscher erst dann ein, wenn der Verzehr von Oxalaten drastisch eingeschränkt wird. Zu Beginn findet eine Auflösung der größeren Kristalle in kleinere statt, die dann wieder in den Blutstrom gelangen und durch die Nieren ausgeleitet werden. Dieser Vorgang kann von unangenehmen Symptomen begleitet werden. Wenn z.B. Kristallformationen in den Gelenken gelöst und mobilisiert werden, können die Gelenke schmerzen und Entzündungen aufflammen. Um den Körper im Zuge der Ausscheidung nicht zu überfordern, wird empfohlen, die Menge der verzehrten Oxalate allmählich zu reduzieren. Eine schützende Wirkung kommt dabei den Citraten zu. Unter ihnen gelten Kalzium– und Magnesiumcitrat als am effektivsten.
Es gibt derzeit keine zuverlässige Methode Oxalatbelastungen zu diagnostizieren.
Die Schwere der Ablagerungen im Körper korreliert nicht notwendigerweise mit den im Blut oder Urin gemessenen Oxalat-Werten. Wenn bereits Nierensteine vorliegen, ist die die Problematik natürlich offensichtlich. Insgesamt müsste auf diesem Gebiet weitaus proaktiver geforscht werden, als es bisher der Fall war. Zu den Pionieren in der Oxalatforschung gehört die US-Amerikanerin Susan Owens, die seit über 14 Jahren das »Autism Oxalate Project« im Autism Research Institute« in Kalifornien leitet.
Lebensmittel mit niedrigem Oxalat-Anteil
Einige Vertreter des Pflanzenreichs mit niedrigen Oxalatwerten sind z.B. Gurken, Rucola, verschiedene Salatarten wie Eisbergsalat und Römersalat und Kohlgemüse. Unter den Beeren weisen Cranberries und Blaubeeren niedrige Werte auf.
Tierprodukte wie Fisch, Fleisch, Eier und Milchprodukte gehören zu den Lebensmitteln mit ultra-niedrigen Oxalatmengen.
Übrigens reduziert der Oxalatgehalt in Pflanzen drastisch die Bioverfügbarkeit der in ihnen enthaltenen Mineralien, da sie Bestandteil des Oxalat-Salzes und damit fest gebunden sind. Auf dem Papier mag der Spinat daher als gute Kalziumquelle glänzen, in der Realität kann der Körper diese Form des Kalziums nicht verwenden.
Autorin: Julia Kant
aus dem Newsletter Oktober 2019